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Donauwörths neue Mitte

Innenstadtbelebung rund ums Tanzhaus

Lebendige Städte unterliegen dem steten Wandel. Was aber nicht bedeutet, dass sie dadurch an architektonischem Profil verlieren müssen. Beide Aspekte, Modernität und Historie, will der Oberbürgermeister der Großen Kreisstadt und ehemaligen Reichsstadt Donauwörth, Jürgen Sorré, unter einen Hut bringen. Die Stadt ist aktuell dabei, die Innenstadt attraktiver zu machen und das Zentrum mit der Neu- konzeption des sog. Tanzhauses in der Mitte aufzuwerten.

Plan und Rendering trint+kreuder d.n.a. architekten PartGmbB, Köln

Zwei zentrale Punkte beschäftigen derzeit die Stadtverantwortlichen: die Neukonzeption des Tanzhauses, das seit rund zehn Jahren aus Gründen des Brandschutzes und wegen anderer bautechnischer Probleme sukzessive entmietet wurde und derzeit leer steht sowie die Erhöhung der Aufenthaltsqualität in der Innenstadt. Beide Maßnahmen wurden bereits in Angriff genommen und sind teilweise schon umgesetzt.

Das freistehende städtische Tanzhaus, in der Mitte der Reichsstraße gelegen, die quasi die Achse der Stadt bildet, ist in seiner neueren Geschichte immer wieder Gegenstand heftigen Tauziehens gewesen. An dieser zentralen Stelle war seit dem Mittelalter lange ein Lager- und Kaufhaus angesiedelt gewesen, das durch Lagergebühren, Abgaben und Mieteinnahmen über Jahrhunderte einen bedeutenden Teil zum städtischen Haushalt beitrug. Zugleich war das Kaufhaus der Ort für gesellschaftliche Ereignisse in Donauwörth. Aufgrund dort stattfindender Feiern und Tanzgesellschaften erhielt es den Namen „Tanzhaus“.

Rendering-Ansicht Reichsstraße

Wie in vielen anderen Städten befand sich hier der größte Saal. Zudem war es in seiner Errichtungszeit in Donauwörth das bedeutendste gotische Gebäude der Stadt. Im 19. und 20. Jahrhundert fanden im Tanzhaus zusätzlich ein Theater sowie verschiedene Schulen ihr Unterkommen. Auch wenn das Gebäude über die Jahrhunderte hinweg immer wieder umgebaut worden war, behielt es doch im Großen und Ganzen sein „Gesicht“. Bis April 1945. In den letzten Kriegstagen wurde es praktisch vollständig zerbombt. Um die Baulücke in der Straße zu schließen, errichtete man zunächst einen Interimsbau. Anfang der 1970er Jahre gab es kontroverse Diskussionen im Stadtrat und in Bürgerversammlungen um eine mögliche Aufstockung zur Schaffung eines zentralen Stadtsaals, was schließlich in den Abriss des Interimsbaus und den heute bestehenden, damaligen Neubau mündete, dessen Fassade sich an historische Gegebenheiten anlehnt. Dass der Bau immer wieder für Diskussionen sorgt, scheint sein Schicksal zu sein. Denn nachdem sich das rund 50 Jahre alte Gebäude als bautechnische Blackbox entpuppt hatte, entbrannte wieder ein langwieriger heftiger Diskurs über das weitere Vorgehen: ob das Gebäude an einen Investor veräußert werden oder im Besitz der Stadt bleiben sollte, ob man den Stadtsaal erhalten oder anderswo erbauen sollte, wie der Bau überhaupt weiter genutzt bzw. ob er gleich ganz abgerissen werden sollte. Parallelen zu den Diskussionen in den 70ern waren unübersehbar. Letztendlich stimmten die Bürger für den Erhalt. Zudem meldete sich der Denkmalschutz zu Wort: Auch wenn es sich beim Tanzhaus nicht um einen historischen Bau handelt, so sind in der Reichsstraße Fassade und Position doch so markant, dass deren Erhalt unter den Begriff Ensembleschutz fällt. Für die Beibehaltung des Stadtsaals spricht, dass er ein Zeugnis für den Zeitgeist der 70er Jahre darstellt.

Nach einem bundesweiten Architektenwettbewerb, den das Architekturbüro Trint + Kreuder aus Köln gewann, fiel nun Ende 2022 der Startschuss für eine Generalsanierung des Gebäudes im Sinne einer neuen Nutzung. Erhalten bleibt der Stadtsaal, jedoch ausgestattet mit modernster Technik. Im Kern, inklusive der ehemaligen Tiefgarage am Hang, findet die neue Stadtbibliothek ihr Zuhause, die als lichtdurchflutete Begegnungsstätte für alle konzipiert wird. Ins Tanzhaus umziehen werden das vergrößerte Touristoffice und ein Kulturbüro mit Ticketverkauf. Ganz oben im Dachfirst, unterm Storchennest, erhält das Standesamt sein neues Domizil. Hinter den verglasten Arkadengängen und parallel zum Merkurplatz wird ein neues Bistro die Aufenthaltsqualität erhöhen. Im Augenblick laufen die Vorarbeiten und Genehmigungsverfahren für den Baubeginn. Die Wiedereröffnung des neuen Tanzhauses ist für Ende 2027 geplant. Jürgen Sorré würde sich auf ein Neujahrskonzert 2028 im Stadtsaal freuen. Der Oberbürgermeister ist überzeugt: „Das Projekt Tanzhaus stellt trotz hoher finanzieller Belastungen eine Investition in die nächste Generation dar.“

Oberbürgermeister Jürgen Sorré auf einem skulpturalen Sitzmöbel | Foto M. Zeitler

Das Tanzhaus soll sich zwar zum wertvollen Solitär mausern; es benötigt aber zum Strahlen auch ein attraktives Umfeld. Daran wird bereits konkret gearbeitet. So wurde die Reichsstraße (und nicht nur diese) 2023 mit neuem „Stadtmobiliar“ aufgemöbelt, z. B. mit den „Donauwellen“-Bänken und anderen Sitzmöglichkeiten. Ab diesem Frühjahr wird der Platz am Münster zum Plateau begradigt und mit Blockstufen versehen. Parkplätze werden über die ganze Straße verteilt, so dass in der oberen Reichsstraße breite Flächen für Außengastronomie geschaffen werden können. Große Pflanzkästen mit Bäumen werden die Straße beschatten und begrünen. Zuletzt wird die Fahrbahn aufs gleiche Niveau wie die Gehsteige angehoben; auf der Straße soll dann Tempo 20 gelten. All das, so sind sich Jürgen Sorré und der Stadtrat sicher, wird zur langfristigen Belebung der Innenstadt und zur Stärkung des Einzelhandels beitragen.

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